Freitag, Juli 06, 2007

Aderlass in Nr. 583 oder: "Darf ich Ihnen meinen Stuhl anbieten?"

Gerade komme ich von der Blutspende wieder, in Hinblick auf meine Mutter war das mal überfällig.
Wo um Himmelswillen ist das Haus mit der Nummer 583 im Neuenheimer Feld? Warum wurde hier überhaupt dieses antiquierte System angewendet, die Häuser ganzer Stadtviertel einfach durchzunummerieren anstatt hübsche Straßenamen zu vergeben? Egal, irgendwann lande ich am oberen linken Ende im Feld und finde die Spendezentrale des Deutschen Roten Kreuzes.
Vor mir an der Anmeldung eine Gruppe junger Studenten, die sich, wie aus ihren eigenen lautstarken Bekundungen deutlich wird, heldenmutig zum Aderlass entschlossen hat.
Erstens: Fragebogen ausfüllen. Nein, ich habe keinen Typhus und ich hatte auch nicht in den letzten drei Tagen vier verschiedene Typen in meinem Bett. Der junge Mann neben mir (bestimmt erst Mitte 20) fragt mich grinsend: "Zum ersten Mal hier?" Und klärt mich auf, dass Männer fiel öfter umfallen als Frauen. Klar, wir kriegen ja auch die Kinder.
Zweitens: Ärztliche Untersuchung. Blutdruck 120 zu 80 (oder doch umgekehrt?). Ansonsten alles in Ordnung, Huedde darf spenden gehen.
Drittens: Meine schöne jungfräuliche Haut in der Armbeuge wird mit einem monströsen silbernen Anzapfgerät durchstochen und schon fließt es dunkelrot in einen wackelnden Beutel, nebenbei darf ich einen Ball in der Hand kneten und im Fernsehen "Reich und schön" anschauen.
Nach 10 Minuten ist alles vorbei und ich will gleich nach Hause, werde aber aufgefordert, noch eine halbe Stunde zu bleiben und ordentlich zu essen und zu trinken. Danke, Kaffee reicht. Die Studentengruppe sitzt nun fröhlich schwatzend, nach ihrem selbstlosen Einsatz mampfend und bechernd zusammen. Kein Stuhl für mich, aber prompt springt einer von ihnen auf und fragt ganz höflich" Darf ich ihnen meinen Stuhl anbieten?" IHNEN!!! Erster Gedanke: Oh je... zweiter Gedanke: das Alter hat Vorteile.

Eure Huedde